Meine Schule: das Walther-Rathenau-Gymnasium
Vom Schuljahr 2012/13 bis August 2022 unterrichtete ich am städtischen Walther-Rathenau-Gymnasium in Schweinfurt, Unterfranken, die Fächer Deutsch und Englisch. Nach meinem Referendariat verzichtete ich zugunsten dieser tollen Schule, die mir von Anfang an den größtmöglichen Freiraum für all meine Ideen und Projekte ermöglichte, auf eine Beamtenlaufbahn im Staatsdienst. Was ich mir bereits während des Referendariats wünschte, konnte ich dort direkt in meinem zweiten Schuljahr erfüllen: eine Tabletklasse.
Zwar arbeite ich jetzt nicht mehr als Lehrerin, dennoch wird das Rathenau immer meine Herzensschule bleiben. Ich lasse diese Seite daher einfach so, wie sie zum Zeitpunkt meines Ausscheidens aus dem Schuldienst war.


Unsere Tabletklassen
Bereits im Schuljahr 2013/14 startete unsere erste Tabletklasse, womit wir in Deutschland eine der ersten Schulen waren, die ein solches Vorhaben verwirklichten.
2013 stand dieses Projekt noch mehr oder weniger unter dem Motto „Getting prepared for the future of school“. Die damals anvisierte Zukunft einer zeitgemäßeren Unterrichtsgestaltung, in der der Einsatz von Tablets neue bzw. andere Wege des Lehrens und Lernens ermöglicht, hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt und mittlerweile als fester Bestandteil unserer schulischen Gegenwart etabliert.
Das Video gibt einen Einblick in die praktische Arbeit unserer Tabletklassen sowie einige der Prinzipien, denen diese folgt. Entstanden ist es im April 2020, als wir unseren Tag der offenen Tür dieses Jahr – wie so viele andere schöne schulische Veranstaltungen auch – nicht wie gewohnt durchführen konnten, um interessierten Schüler*innen sowie deren Eltern zu zeigen, was wir da so unter anderem machen.
Einige Prinzipien & Intentionen, die der Arbeit in den Tabletklassen zugrunde liegen, in Bildern und ohne Worte:







SCHULE in ZEITEN von CORONA
Stell dir vor, es ist Schule, und keiner geht hin!?!
Lernen in Zeiten von Corona: Ein kleiner Bericht, wie es uns in meinem Unterricht während des ersten Lockdowns so ergangen ist.
Als unsere erste Tabletklasse 2013/14 an den Start ging, stand dieses Projekt noch mehr oder weniger unter dem Motto „Getting prepared for the future of school“. Die damals anvisierte Zukunft einer zeitgemäßeren Unterrichtsgestaltung, in der Tablets neue bzw. andere Wege des Lehrens und Lernens ermöglichen, hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt und mittlerweile als fester Bestandteil unserer schulischen Gegenwart etabliert. Als diese sich dann Mitte März 2020, beinahe von einem auf den anderen Tag, um 180 Grad drehte und ein Virus namens Corona alles auf den Kopf stellte, durften wir uns wohl besonders glücklich schätzen: Als Tabletklassen waren wir nicht nur mit zuverlässigen Geräten ausgestattet und im Umgang mit ihnen vertraut, sondern konnten auch von einem funktionierenden System, den Unterricht vieler Fächer digital zu organisieren, profitieren. Vor allem aber hatten wir, im Gegensatz zu vielen anderen Schüler*innen in Deutschland und der Welt, bereits Erfahrungen im Lernen und Arbeiten mit digitalen Medien gesammelt – allerdings immer im Zusammenhang des „ganz normalen“ Unterrichts. Die drastische Umstellung auf den Fernunterricht war auch für uns eine riesengroße Herausforderung, dennoch konnten wir quasi vom ersten Tag der Schulschließungen an als Klassengemeinschaft weiterlernen. Während die bayerische Lernplattform Mebis wegen Serverüberlastung und ‑attacken nicht nutzbar war, hatten die Schüler*innen der G8a schon anderswo Sprach- und Chatkanäle als Lern- und Arbeits‑, aber auch Begegnungsräume eingerichtet (wovon ein Achtklässler am dritten Tag bereits dem Präsidenten des Lehrerinnen- und Lehrerverbands in einer Live-Radiotalk-Runde auf B5 Aktuell berichtete ;). Zusammen mit unserem Schulmanager und der NextCloud zum Austausch von Medien und Dateien waren wir also schon einmal technisch gerüstet.

So ungefähr sah mein Tag aus 😉

Unterricht und Lernen auf Distanz
Was die Umsetzung des Distanzlernens betrifft, so gebe ich an dieser Stelle einen exemplarischen Einblick in meinen Deutsch- und Englischunterricht der Jahrgangsstufen 8 und 9. Das Wichtigste: Gemeinsam schafften wir es, auch weiterhin als Klassengemeinschaft zu lernen und zu arbeiten; mir war es von Anfang an ein zentrales Anliegen, Wege zu finden, auf denen wir uns den unterrichtlichen Angelegenheiten interaktiv und kommunikativ widmen und auch generell im regen Austausch miteinander stehen konnten. Die persönliche Kommunikation – auch unabhängig vom „Unterricht“ – stellte sich dabei immer wieder als besonders wichtig heraus.
Didaktisch, methodisch und organisatorisch etablierte sich für unseren Unterricht eine Kombination aus Arbeitsaufträgen, im Zuge derer sich die Schüler*innen individuell und recht selbstbestimmt, aber auch in Partner- und Gruppenarbeit über die vernetzten Medien mit den Inhalten auseinandersetzten, mit Chats und „Live Lessons“, die wir im Klassenverbund über die Web-Conference-Anwendung Jitsi einmal in der Woche für eine Stunde abhielten. In diesen besprachen wir nicht nur die Aufträge und wiederholten und vertieften bereits Gelerntes; zusätzlich konnten wir nicht nur neue Wege der Stoffvermittlung finden, um so weiter mit den Lehrplaninhalten voranzuschreiten, sondern hatten auch einmal Zeit und Raum, von diesen abzuweichen und mehr projektorientiert zu arbeiten.
Kreativ, produktiv & vermehrt selbstbestimmt
Bei der Erledigung der meist etwas weiter als eine Unterrichtsstunde gefassten, oft kreativen und produktiven Arbeitsaufträge konnte ich häufig beobachten (und auch von vielen Schüler*innen erfahren), wie sie sich diesen z. T. sehr gewissenhaft und in Eigenverantwortung widmeten und dabei ein Stück weit an Selbständigkeit gewannen. Auch war es spannend, zu sehen, wie sie sich mit- und untereinander, bspw. bei der Zusammenarbeit, organisierten, oder aber auch einmal zusammen „Pause“ machten und online miteinander spielten. Dass natürlich nicht jede*r Schüler*in gleich gut mit der Situation zurechtkam und selbstverständlich auch Probleme auftraten, dürfte nicht überraschen. Dennoch: Im Großen und Ganzen haben die Schüler*innen bewiesen, dass sie auch unter solch schwierigen äußeren sowie seelisch belastenden Bedingungen Verantwortung für ihr Lernen übernehmen können. Dies spiegelte sich z. T. in den großartigen Leistungen wider, welche sie bspw. bei folgenden Unterrichtsaktivitäten oder Projekten erbrachten: Schüler*innen einer neunten Klassen produzierten in Deutsch zu zweit überzeugende Podcast-Debatten zu interessanten aktuellen Themen, deren Inhalte sie im Internet recherchiert und kooperativ aufbereitet hatten, um dann ein professionelles Streitgespräch zu planen und aufzunehmen. Sie produzierten Cartoon-Videos zur Geschichte der USA, in denen sie u. a. darstellten, wie die Pioniere den wilden Westen eroberten, und diskutierten in Chats deren Umgang mit den amerikanischen Ureinwohnern, über deren Geschichte sie zuvor gelernt hatten. Außerdem schrieben sie Chat-Stories, die sie miteinander in Seesaw, einer Art Social-Media-Classroom, teilten und kommentierten. Dies taten auch die Schüler*innen meiner achten Klasse, die zudem in der fiktiven schottischen Radio Show „Steampot“ Dampf abliefen, was sie „angry“ macht (was neben Google‘s Alexa natürlich hauptsächlich ihre momentane Situation war). Spontan entstand mit dieser Klasse die Idee, kollaborativ ein International Cook Book mit Rezepten aus unterschiedlichen Nationalitäten, die unsere Vielfalt widerspiegeln, zu gestalten. In allen meinen Englischklassen reflektierten die Schüler*innen ihre Situation zudem, indem sie darüber schrieben, wie es ihnen während des Shut-Downs ging, welche Vor- und Nachteile sie beim Fernunterricht sehen und welche Tipps sie für ihre Klassenkameraden haben, um diese schwierige Zeit jeden Tag aufs Neue wieder einigermaßen gut und mit ein bisschen Abwechslung zu meistern.
Quarantäne-Projektarbeit: Der London Travel Guide
Hier kann der Travel Guide meiner Schüler:innen gelesen werden.





Lohnende Anstrengung: kontinuierliches, individuelles Feedback
Wie herausfordernd die Zeit des Fernunterrichts auch aus Lehrersicht war, damit fange ich jetzt gar nicht an; an einem Beispiel möchte ich dennoch zeigen, inwiefern sich Aufwand und Ertrag am Ende doch mal wieder die Balance halten: Besonders das konsequente Einfordern der während des Fernunterrichts von den Schüler*innen erbrachten Arbeiten und „Leistungen“ war – bei 120 Individuen und z. T. in drei bis vier unterschiedlichen Kanälen – nicht immer leicht. Weil ich es aber stets als wichtig empfand, zu sehen, ob „alle dabei sind“, und ihnen auch möglichst häufig Feedback zu ihren z. T. wunderbaren Leistungen zu geben, habe ich versucht, diese konstant stattfindenden Flutwellen zu reiten; ich wäre bestimmt untergegangen, hätten wir nicht das wunderbare Lernmodul in unserem Schulmanager bekommen, wo sich Aufgaben geordnet und übersichtlich einreichen, schnell ansehen oder korrigieren und kommentieren lassen. Gerade dafür erwies sich der digitale Weg als sehr gewinnbringend, denn so häufig individuelles und direktes Feedback zu geben, ist im „normalen“ Unterrichtsalltag – wenn überhaupt – nur sehr schwer möglich.
Chancen nutzen, dran bleiben!
Auch wenn wir uns bestimmt alle einig sind, dass es in der Schule einfach am schönsten ist (gell?) und Unterricht, der ausschließlich auf Distanz stattfindet, keine Option darstellt, so haben wir doch durch die „Corona-Krise“ Raum „gewonnen“, um noch aktiver als zuvor veränderte Wege des Lernens und Arbeitens mit digitalen Medien zu beschreiten. Meiner Ansicht nach haben sowohl wir Lehrkräfte als auch die Schüler*innen in dieser turbulenten Zeit unheimlich viel dazu gelernt, das unseren Unterricht auch „nach Corona“ weiter bereichern wird und das es nicht nur wert, sondern auch nötig ist, es in vielerlei Hinsicht weiterzuentwickeln. Denn sowohl die Gegenwart, in der wir leben, als auch die Zukunft, auf die wir zusteuern, ist zu stark von Digitalität geprägt, als dass wir es weiter versäumen können, wichtige Kompetenzen, die wir alle für ein Leben in dieser Zeit brauchen, auch in der Schule einzuüben. Denn „das geht nicht mehr weg“ – ganz im Gegensatz zu Corona, das uns und die Welt hoffentlich bald wieder in Ruhe und zusammen in der Schule lernen lässt.